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Vom Labor nach Hause? Praktika im Online-Semester.

Für praktische Lehrmodule galt im Online-Semester: Umdenken! Wie Stoff aus dem Labor auch digital vermittelt werden kann, berichtet Tatjana Radowitz im Interview mit dem E-Learning-Team. Frau Radowitz ist verantwortlich für diverse Praktika an der H-BRS und erzählt von Erfahrungen und Ergebnissen, die sie aus dem Online-Semester mitgenommen hat.

Vor welchen Problemen standen Sie im Online-Semester?

Tatjana Radowitz: Das Problem war, dass die Praktika, in die ich im Online Semester eingebunden war, natürlich nicht stattfinden konnten. In der Regel handelt es sich hierbei um dreistündige Veranstaltungen, für die man sich in einer Gruppe von sechs Leuten im Labor trifft. Die Gruppe führt dann unter Anleitung den Versuch durch und wertet die Ergebnisse aus. Da dies nun nicht möglich war, galt es, die Praktika zu digitalisieren.

 

colourbox38634528_maedchen_videocall.jpg (DE)

Wie sind Sie bei der Digitalisierung der Praktika vorgegangen?

Tatjana Radowitz: Wir haben die Praktika insofern digitalisiert, als dass wir die Versuchsanleitungen für die Studierenden um die Fakten und Ergebnisse, die man normalerweise im Praktikum erlernt, ergänzt haben. Die Studierenden bekamen die Ergebnisse also vorgegeben, haben aber die Auswertung übernommen. Zusätzlich gab es ergänzende Verständnisfragen oder Rechenaufgaben. Begleitet habe ich die Praktika mit einer optionalen ZOOM-Sprechstunde, um schwere, aber grundlegende Lerninhalte zu vermitteln. Die Teilnehmenden haben sehr positive Rückmeldung gegeben und fanden die Sprechstunde sehr hilfreich. Zudem konnten sie mit ihren Kommilitonen in Kontakt treten.
Am Ende muss zudem immer ein Bericht geschrieben werden. Im Vergleich zu den vorherigen Berichten sind die Berichte aus dem Online-Semester viel besser geworden.

 

Warum sind die Berichte Ihrer Meinung nach besser ausgefallen?

Tatjana Radowitz: Die Studierenden waren gefordert, selbstständiger zu recherchieren und mit Quellen zu arbeiten. Dadurch, dass die Zeit im Labor wegfiel, mussten sie sich eigenständiger mit dem Material beschäftigen. Ich glaube, das war letztlich nachhaltiger, und sie haben aus dem Selbststudium mehr mitnehmen können. Bei Schwierigkeiten habe ich mit den Studierenden ein kurzes Gespräch per Telefon geführt und Kritikpunkte angesprochen. Das kam auch bei den Studierenden gut an. So sind am Ende die Praktika sehr viel besser gelaufen, als ich anfangs gedacht habe.

 

colourbox6611077_seitenansicht_schreibende_hand.jpg (DE)

Welche Nachteile gab es beim Online-Praktikum?

Tatjana Radowitz: Natürlich hat gefehlt, dass die Studierenden die Proben und das Gerät anfassen und die Einstellungen selbst vornehmen konnten. Die ganze Haptik und das Erspüren der Versuchsgegenstände haben gefehlt. Ansonsten fand ich einiges sogar deutlich besser. Die Studierenden waren grundsätzlich mehr in der Eigenverantwortung und das hat sich am Ende positiv auf das Ergebnis ausgewirkt. Bei den Vorlesungen halte ich insbesondere die Stoffmenge für herausfordernd. Wenn die Studierenden eine Vorlesung als Video anschauen, können sie dieses, so häufig wie gewünscht, zurückspulen. Auf der einen Seite ist das gut, weil die Studierenden so ihr Verständnis vertiefen können, auf der anderen Seite kostet das viel Zeit. Ich befürchte, dass das dazu geführt hat, dass die Stoffmenge schwieriger zu bewältigen war und mehr Disziplin und Selbstorganisation seitens der Studierenden erforderte.

 

colourbox23824870_homeoffice.jpg (DE)

Was werden Sie aus dem Online-Semester übernehmen?

Tatjana Radowitz: Ich würde bei Präsenzpraktika die Verantwortung, sich eigenständig vorzubereiten, stärker auf die Studierenden übertragen. Das halte ich für nachhaltiger. Das Corona-Semester fand ich sehr spannend und ich habe selbst viel gelernt. Vieles sehe ich sehr positiv, und obwohl nicht immer alles geklappt hat, lief es doch besser als gedacht. Natürlich fehlt die persönliche Interaktion, aber wir konnten den Studierenden dennoch viel vermitteln. Im Wintersemester werden unsere Praktika nach dem gleichen Konzept stattfinden. Die Versuchsanleitung und weiterführende Literatur stehen den Studierenden schon zu Verfügung. Außerdem bieten wir in der Zeit, in der das Praktikum hätte stattfinden sollen, wieder eine ZOOM-Sprechstunde an, die zur Unterstützung der Studierenden dient. Grundsätzlich kann man das Praktikum aber komplett remote durchführen. Das letzte Semester hat gezeigt - so geht es auch!