Direkt zum Inhalt

Stabsstelle Kommunikation und Marketing

Argang Ghadiri, Wirtschaftswissenschaften

Argang Ghadiri erforscht die menschlichen Aspekte des Berufsalltags. Die wichtigste Empfehlung des Wissenschaftlers: Öfter mal bewusst Pause machen. In seiner Freizeit hat der passionierte Hobbykoch vor einigen Jahren das YouTube-Format „Wissen schmeckt“ entwickelt: Er lädt Wissenschaftler in seine Showküche ein, in der sie Themen aus ihrer Forschung mit kulinarischer Unterstützung schmackhaft machen.
argang_ghadiri_fuer_webportrait_quadrat.jpg (DE)

Vor den geschlossenen Augen scheint dank einer LED-Brille ein Kaminfeuer zu lodern, über Kopfhörer ist leise Entspannungsmusik zu hören. Dann beginnt das Entspannungssystem mit einer Shiatsu-Massage: Immer wieder fährt der Sessel in eine Liegeposition, schüttelt sanft und massiert einzelne Stellen des Körpers mit zartem Druck. Die Geräusche der Hydraulik nimmt man durch die Kopfhörer kaum wahr. Selbst die Hände werden massiert. Und für zusätzliches Wohlbefinden sorgt eine Decke.

Argang Ghadiri bietet dieses etwa 7000 Euro teure Entspannungssystem gern seinen Gästen an. Das Gerät steht aber nicht etwa in seinem privaten Wohnzimmer, sondern in der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Der Wirtschaftswissenschaftler erforscht die menschliche Seite eines anstrengenden und ermüdenden Berufsalltags. „Depressionen oder psychische Krankheiten gehören mittlerweile schon fast dazu“, erläutert Ghadiri. „Studien zeigen, dass viele Arbeitnehmer  zu Aufputschmitteln greifen, um ihre Leistung zu bringen oder diese noch zu steigern. Das muss auch anders gehen. Es sollte einfach nicht sein, dass wir wie Maschinen funktionieren.“ Ghadiri möchte den Menschen dabei helfen, gesünder und leistungsfähiger zu werden. Und zwar vor allem, indem sie häufiger eine kurze Pause einlegen und diese richtig nutzen. Etwa durch sportliche Betätigung – oder eben mit einem Entspannungssystem.

Ghadiri-Peters-gross(DE)

Anstrengung im Beruf scheint Ghadiri nicht fremd zu sein: Er studierte Wirtschaftswissenschaften an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (H-BRS), machte an der Universität Duisburg-Essen seinen Master und promoviert nun in Kooperation mit beiden Hochschulen. Außerdem ist er in Lehrveranstaltungen zu den Themen Gesundheitsmanagement, Projektmanagement und Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre eingebunden.

Sein Promotions-Thema, die Erforschung von Arbeitspausen, ist als wissenschaftliches Feld gar nicht so neu. Eine der ersten Studien stammt aus dem Jahr 1896. „Investiert man nur zwei bis drei Mal pro Tag zehn Minuten Arbeitszeit in eine Pause, so wird die investierte Zeit anschließend durch erhöhte Produktivität kompensiert“, erklärt Ghadiri. Über 100 Jahre alt ist diese Erkenntnis,  viele moderne Studien haben sie inzwischen bestätigt – doch noch immer scheint sie im Arbeitsalltag nicht angekommen zu sein.“ Vor allem in Deutschland stünde dem Konzept kurzer Pausen eine andere Pausenkultur entgegen: „Wer häufiger kurze Pausen macht, erntet oft merkwürdige Blicke von den Kollegen, ganz nach dem Motto: 'Du kannst doch nicht schon wieder Pause machen!'“ Dabei sei das wissenschaftlich gesehen genau der richtige Ansatz für eine höhere Produktivität bei Ermüdung, so Ghadiri.

Noch weitgehend unerforscht dagegen ist, wie man diese Pausen optimal gestaltet. Ghadiri und seine Kollegen wollen daher herausfinden, welche Pause für welchen Menschen am besten geeignet ist. Pausen sollten auch wirklich zum Abschalten genutzt werden – also  weg vom Computer, nach draußen gehen und vor allem: an etwas anderes denken. In der Pause sollten gerade die Hirnareale zur Ruhe kommen, die bei der Arbeit am meisten beansprucht werden. „Jemand, der den ganzen Tag im Büro sitzt, sollte aktiv entspannen – Sport treiben oder einfach an die frische Luft gehen und spazieren. Umgekehrt wäre für jemanden, der körperlich arbeitet, das Entspannungssystem wohl genau das Richtige. So kann er für ein paar Minuten abschalten und die Muskeln lockern, bevor er wieder ran muss.“ „Toll wäre es, wenn wir irgendwann zu jeder Person eines bestimmten Alters mit einer bestimmten Tätigkeit eine optimale Form der Pause vorschlagen können.“  Ob und inwieweit Aspekte wie Alter, Geschlecht, allgemeine Fitness und andere Faktoren eine Rolle spielen, will Ghadiri noch herausfinden; die ersten Studien hat er bereits durchgeführt.

Wie ist er zu seinem Thema gekommen? Schon während des BWL-Studiums arbeitete er als Hilfskraft für Professor Theo Peters und stieß irgendwann auf den Begriff Neuroleadership. „Das fand ich wirklich spannend: Erkenntnisse der Neurowissenschaft auf die Mitarbeiterführung zu übertragen.“ Theo Peters, selbst Experte auf dem Gebiet, schlug vor, eine Bachelorarbeit darüber zu schreiben. Und nicht nur das: Ghadiri konnte gemeinsam mit seinem Professor ein Buch zum Thema herausgeben: „Neuroleadership – Grundlagen, Konzepte, Beispiele“, das inzwischen in 2. Auflage und auch auf Englisch vorliegt.

wissen_schmeckt_argang_ghadiri_und_prof._theo_peters.jpg (DE)

Doch es gibt für ihn auch ein Leben abseits der Arbeit: Dann verbringt Ghadiri viel Zeit mit Freunden in der Küche. „Das Kochen und Genießen liegt mir im Blut“, sagt der aus dem Iran stammende Forscher. Und am liebsten verbindet er beides: Mit Freunden und Arbeitskollegen abends gemeinsam kochen, schlemmen und bis in die Nacht über Welt und Wissenschaft diskutieren. Bei einer dieser intellektuellen Schlemmerrunden entstand die Idee, das gemeinsame Kochen und Diskutieren zu filmen und im Internet zugänglich zu machen.

Eine neue Idee war geboren: „Wissen schmeckt“, eine neue Wissens- und Kochsendung auf YouTube. Das Rezept: Ghadiri lädt Forscher in seine Showküche ein und beim gemeinsamen Schnippeln, Rühren und Braten erfährt man Spannendes von den aktuellen Forschungsprojekten der Gäste – und kann sich gleichzeitig neue Rezepte, Tipps und Tricks in der Küche aneignen. Ob Physik, Chemie, Musik oder Betriebswirtschaftslehre – Ghadiri versteht es mit kulinarischer Unterstützung, den Zuschauern Themen aus der Wissenschaft „schmackhaft“ zu machen.
Heute – im Sommer 2018 – ist das Hobbyprojekt den Kinderschuhen langsam entwachsen und ist professionell geworden: Allein in diesem Jahr werden 18 Folgen auf www.wissenschmeckt.de veröffentlicht und jüngst erschien beim Springer-Verlag das Buch zu seiner Sendung mit dem Titel „Wissen schmeckt – Die Magie der Wissenschaften beim Kochen erklärt“.

Ach ja, Herr Ghadiri – und was ist Ihr Lieblingsrezept?