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[Archiv] BildungsMehrMut - Gründung einer Initiative für Bildungsgerechtig keit

Am 8. Juni wurde an der Hochschule die Initiative BildungsMehrMut feierlich ins Leben gerufen. In einer Talkrunde berichteten Unterstützer der Initiative von ihren Bildungswegen und Mutmachern auf dem Weg zum akademischen Erfolg.
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In seiner Eröffnungsrede wies Hochschulpräsident Prof. Dr. Hartmut Ihne darauf hin, dass für Kinder von Arbeitern nicht nur die fehlende Finanzierung eines Hochschulstudiums durch die Eltern eine besondere Hürde sei, sondern vor allem fehlendes Selbstvertrauen und fehlende Vorbilder. Deshalb freue er sich ganz besonders, dass die Initiative BildungsMehrMut an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg diese Lücke schließe und sich für Bildungsgerechtigkeit einsetze.

In der anschließenden Talkrunde mit etlichen engagierten Unterstützern der Initiative erzählte auch H-BRS-Alumnus Dipl.-Ing. Dominik Geiger von seinem Bildungsweg. Er arbeitet heute als Head of Service France beim SIG Combibloc und war extra aus Paris angereist, um die Initiative und seine frühere Professorin Elvira Jankowski bei der Eröffnung zu unterstützen. Als Student der ersten Generation seiner Familie habe er viele Hürden überwinden müssen. Nachdem er zunächst an der RWTH Aachen ein Studium begonnen habe, schätzte er an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg besonders den großen Praxisbezug der Lehrenden, der jungen Studierenden zu Gute komme.

Katja Urbatsch, Gründerin der Initiative ArbeiterKind.de findet es toll, dass sich die H-BRS mit der Unterstützung von BildungsMehrMut zur Bildungsgerechtigkeit bekenne. Grundsätzlich sei der Bildungsaufstieg auch aus eigener Kraft und ohne externe Hilfe möglich, aber in der Wirklichkeit sei dies sehr schwierig. Deshalb komme Initiativen wie BildungsMehrMut solch eine große Bedeutung zu. - Talkgast Franz-Josef Schanze, Inhaber der Tann Europe GmbH in Essen, gewann die Zuhörer durch seine persönlichen Erfahrungen als echtes Arbeiterkind. In der zweiten Klasse habe ihm seine Lehrerin deutlich gesagt, er sei das dümmste Kind der Schule. Dass diese Lehrerin ihn abgeschrieben habe, sei vermutlich darauf zurückzuführen, dass damals der Beruf der Eltern noch im Klassenbuch verzeichnet war. Als Arbeiterkind sei man direkt erkannt und stigmatisiert worden.

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Die Erfahrung, aufgrund des Elternhauses selbst abgeschrieben zu werden, machte auch Professorin Dr. Elivira Jankowski, die treibende Kraft hinter BildungsMehrMut. Später trat glücklicherweise mit Werner Raschen ein Lehrer in das Leben von Jankowski und Schanze, der auf das Potential seiner Schüler achtete statt auf den Beruf ihrer Eltern. Rückblickend sehen beide in dem Pädagogen das Sprungbrett für ihren späteren Bildungs- und Berufserfolg.

Franz Josef Schanze gab den Studierenden im Auditorium zudem einen wichtigen Ratschlag: „ Ihr müsst nicht sofort die Karriereleiter erklimmen. Findet lieber das, was euch gefällt, dann könnt ihr alles schaffen.“

Peter Renner, Vorstand der Stiftung Menschen für Menschen, erzählte davon, was der Kampf um Bildungsgerechtigkeit in Äthiopien bedeute: Es gehe vornehmlich darum, den Menschen überhaupt klarzumachen, dass ihnen allein Bildung zu besseren Chancen im Leben verhelfe. Deshalb bietet das Agro Technical and Technology College in Harar, das Menschen für Menschen in Äthiopien betreibt, vier Bachelorstudiengänge an, davon drei im ingenieurwissenschaftlichen Bereich. Für BildungsMehrMut und die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, die seit 2010 regelmäßig Studierende dorthin entsendet, ist diese Perspektive besonders wertvoll.

Talkgast Wolfgang Nockelmann berichtete von vielen beruflichen Umwegen, die ihn letztendlich zur Rechtsanwaltstätigkeit führten. Erst Personenschützer bei der Bundespolizei, dann Postbeamter und Diplom-Verwaltungswirt und schließlich ein Jura-Studium, das es ihm ermöglicht hat, heute auch international als Anwalt zu arbeiten. Seine Botschaft als Unterstützer von BildungsMehrMut ist klar: „Ich kann Euch vermitteln, dass zum Erfolg nicht nur eine Vision gehört, sondern zielstrebige, konsequente Arbeit und das Knüpfen von Beziehungen, die nicht in kurzfristigem Interesse entstehen sollten, sondern mit langer Perspektive, und die dann besonders wertvoll sind, wenn sie ein Leben lang halten.“

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Die Initiative BildungsMehrMut wurde von Frau Prof. Dr. Elvira Jankowski, Studioleiter Manfred Bretz sowie den Studierenden Ahmet Karakale und Mihriban Kedik gegründet. Sie möchten einen hochschulweiten Dialog in Gang setzen mit dem Ziel, Studierende zu fördern, die in ihren Familien zur ersten Generation der Akademiker gehören werden.

Darüber hinaus möchte die Initiative unter allen Beteiligten ein Wir-Gefühl schaffen, von dem auch alle Hochschulangehörigen profitieren sollen. BildungsMehrMut lädt daher zu regelmäßigen Treffen an der Hochschule ein. Studierende, Alumni oder Hochschulangehörige, die einen ähnlichen Weg gegangen sind oder - auch wenn sie aus Akademiker-Familien stammen - eine ermutigende Botschaft haben, sind willkommen. Sie alle können als Role Models auf der Website von BildungsMehrMut mit ihrem Gesicht und ihrem Bericht vor allem jungen Menschen Mut für ein Hochschulstudium machen.