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Mock Trial: Studierende klagen an!

Montag, 8. Januar 2018

Durch die Simulation einer Gerichtsverhandlung (Mock Trial), der ein "unlösbares" moralisches Problem zugrunde liegt, erlernen Studierende im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der H-BRS das "legal reasoning" und vertiefen ihre Argumentationskompetenz.

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Recht bedarf der Interpretation

Die juristische Streitkultur (legal reasoning) ist notwendige Voraussetzung zum Verstehen unseres Rechtssystems. Dazu gehört auch, gegebenfalls gegen die eigene Auffassung zu argumentieren und eine Haltung zu verteidigen. Die Studierenden lernten in der Simulation, dass Recht kein "festes Gebäude" ist, sondern einer wertenden Interpretation bedarf.

In der Neurodidaktik ist es ein bekanntes Phänomen, dass ein Mensch am besten lernt, wenn das zu Erlernende mit der eigenen Lebenswirklichkeit und mit Emotionen verknüpft wird. Dann lernt man nicht nur besser, sondern auch nachhaltiger.

Die Geschichte, die dem Strafverfahren in der Lehrveranstaltung zugrunde lag, ist ein juristisch altbekanntes, aber nach wie vor brandaktuelles Problem: Darf man wirklich, um eine Vielzahl von Menschen zu retten, einige Menschen opfern? Im simulierten Fall war ein Flugzeug von Terroristen entführt worden und drohte in den EZB-Tower in Frankfurt - inmitten der Innenstadt - zu stürzen. Durfte der Kampfpilot ohne Befehl die in der Maschine befindlichen 55 Passagiere töten, um mehr als 2.300 Menschen im EZB-Tower zu retten?

Die Studierenden erhielten vorab eine detaillierte Einführung mit Hintergründen in das Spiel und eine Karte mit einer Beschreibung der jeweiligen Rolle (wie Staatsanwalt, Verteidiger, Zeuge, Angeklagter), um das Agieren vor Gericht zu erleichtern. Die Rollen wurden vorab in den Teams besprochen.

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Setting

Das Setting wurde originalgetreu nachgestellt. Vom Aufbau eines Gerichtssaals bis hin zu Roben für Richter, Staatsanwälte und Verteidiger, selbst Handschellen für den Angeklagten waren vorhanden, so dass sich die Studierenden hervorragend in ihre Rollen einfühlen konnten. Dank des Pro-MINT-us Projekts der H-BRS war ein solch aufwendiges Lehrprojekt überhaupt erst möglich.

Nach einer kurzen Aufwärmphase legten alle Teilnehmer nicht nur ein beachtliches schauspielerisches Talent an den Tag, sondern gingen in ihren Rollen auf und wuchsen daran.

Feedback

Fast alle Studierenden gaben an, dass sie ein deutlich besseres Verständnis für das juristische Argumentieren entwickeln konnten. Es sei außerdem überraschend gewesen, wie schnell man die Rolle nicht nur zu seiner eigenen gemacht, sondern Angriffe in Verhören regelrecht persönlich genommen habe. "Ich bin richtig sauer geworden, als mich die Staatsanwaltschaft befragt hat", so ein Student.

Zwar fiel es einigen Studierenden schwer, gegen die eigene Auffassung zu argumentieren, doch genau das war wiederum ein hervorragendes Training für die Argumentationskompetenz - so lernten sie ein Problem von allen Seiten zu betrachten und schließlich auch zu lösen. Die Studierenden gaben durch die Bank hinweg an, dass das Rollenspiel eine tolle Erfahrung gewsen sei, die sie gerne und häufiger wiederholen wollten.

Hintergrund: Gerichtsverhandlung statt Vorlesung

Wie läuft eigentlich eine Gerichtsverhandlung ab? Welche Argumente führen Staatsanwaltschaft und Verteidigung an? Die Argumentationsweise vor Gericht unterscheidet sich von anderen Situationen, und dies möchte Andrea Schröder, Lehrkraft an der H-BRS und Rechtsanwältin, in ihrer Lehrveranstaltung Zivilrecht vermitteln. Und anstatt dies in einer Vorlesung zu erklären, erschien es ihr sinnvoller, die Studierenden in einer simulierten Gerichtsverhandlung selbst agieren zu lassen. Am 19. und 20. Dezember war dann der große Tag: Die Richter gaben Staatsanwaltschaft und Verteidigung das Wort, Zeugen wurden befragt und Argumente ausgetauscht.

Kontakt

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Andrea Schröder

Direktorin des Zentrums für Innovation und Entwicklung in der Lehre (ZIEL), Präsidialbeauftragte für Hochschuldidaktik

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