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30 Jahre Hochschule Bonn-Rhein-Sieg

Ausstellung Visionäre Forscherinnen: Lise Meitner

Meitner
Analog zum 30-jährigen Bestehen der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg im Jahr 2025 widmet sich die Bilderausstellung "Visionäre Forscherinnen – 300 Jahre Wissenschaft aus weiblicher Perspektive" 30 Ausnahmewissenschaftlerinnen, die exemplarisch für die vergangenen 300 Jahre weiblicher Wissenschaftsgeschichte stehen. Eine von ihnen ist Lise Meitner.

Biografie Lise Meitner (1878-1968)

Meitner

Elise Meitner wird am 17. November 1878 in Wien als dritte Tochter von Hedwig Meitner-Skrovan und deren Mann, dem jüdischen Rechtsanwalt Dr. Philip Meitner, geboren. Ihre Schullaufbahn absolviert sie auf einer Bürgerschule, da Mädchen an den Gymnasien zu dieser Zeit nicht zugelassen werden. Nach dem Schulabschluss legt Lise Meitner zunächst das Lehrerinnen-Examen in Französisch ab. Außerdem bereitet sie sich autodidaktisch auf die Matura (Abitur) vor und legt die Reifeprüfung 1901 im Alter von 22 Jahren am Akademischen Gymnasium Wien ab.

1901 beginnt Meitner ihr Studium der Physik, Mathematik und Philosophie an der Universität Wien. Bereits in den ersten Jahren beschäftigt sie sich mit Fragestellungen der Radioaktivität. Sie promoviert 1906 als zweite Frau an der Wiener Universität im Hauptfach Physik über Wärmeleitung in inhomogenen Stoffen und arbeitet das erste Jahr nach ihrer Promotion am Institut für Theoretische Physik in Wien.

1907 zieht es sie zur weiteren wissenschaftlichen Ausbildung an die Universität in Berlin, an der Max Planck lehrt und forscht. Dort lernt sie den jungen Chemiker Otto Hahn kennen, mit dem sie die folgenden Jahrzehnte eng zusammenarbeiten und bis zu ihrem Lebensende freundschaftlich verbunden bleiben wird. Da im damaligen Preußen Frauen noch nicht studieren dürfen, muss Leitner das Chemische Institut der Universität immer durch den Hintereingang betreten und darf die Vorlesungsräume und Experimentierräume der Studenten nicht betreten. Dieses Verbot fällt erst 1909, nachdem das Frauenstudium in Preußen offiziell eingeführt wird. 

Leitner und Hahn können in den folgenden Jahren beträchtliche Forschungserfolge verzeichnen, die auch international große Beachtung finden. Von 1912 bis 1915 ist Lise Meitner inoffizielle Assistentin bei Max Planck. 1912 verbessern sich die Arbeitsbedingungen von Hahn und Meitner deutlich, als sie ihre Forschungen in der von Hahn aufgebauten radioaktiven Abteilung des neu gegründeten Instituts für Chemie der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft in Berlin-Dahlem fortsetzen können. Meitner arbeitet zunächst unentgeltlich weiter, wird jedoch 1913 wissenschaftliches Mitglied des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Chemie.

Während des Ersten Weltkriegs lässt Meitner sich zur Röntgenassistentin und Krankenpflegerin ausbilden und wird ab Juli 1915 in einem Lazarett an der Ostfront eingesetzt. Doch bereits im Oktober 1916 kehrt sie in das Berliner Institut zurück.  

Ab 1918 leitet Lise Meitner die physikalisch-radioaktive Abteilung des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Chemie und erhält erstmals ein angemessenes Gehalt. 1922 habilitiert sie und ist damit berechtigt als Dozentin zu arbeiten. 1926 wird sie außerordentliche Professorin für experimentelle Kernphysik an der Berliner Universität.

Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten zu Beginn des Jahres 1933 ist Lise Meitner zunächst zuversichtlich, dass sie ohne Einschränkungen weiterarbeiten kann. Doch noch im selben Jahr wird ihr als Folge des Gesetzes zur „Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ die Lehrbefugnis aufgrund ihrer jüdischen Abstammung entzogen. Sie kann aber zunächst ihre Arbeit am nicht-staatlichen Kaiser-Wilhelm-Institut mit Otto Hahn an Bestrahlungsexperimenten mit Neutronen fortsetzen. 1938, als Deutschland Österreich annektiert, wird Lise Meitner deutsche Staatsbürgerin und ist damit, obwohl sie sich bereits 1908 evangelisch taufen lässt, als gebürtige Jüdin in besonderer Weise gefährdet. Otto Hahn organisiert daher 1938 zusammen mit dem holländischen Chemiker Dirk Coster heimlich ihre Flucht. Über Holland und Dänemark gelangt sie schließlich nach Schweden, wo sie ihre Forschungen bis 1946 am Nobel-Institut fortsetzt.

Als überzeugte Pazifistin weigert sich Meitner in den Kriegsjahren vehement, Forschungsaufträge für den Bau einer Atombombe anzunehmen, obwohl sie von den USA immer wieder dazu aufgefordert wird. 

Mit ihrem Neffen, dem Chemiker Otto Robert Frisch, arbeitet Leitner 1938 an der Interpretation einer von Otto Hahn veröffentlichten radiochemischen Entdeckung, einem Prozess, den er zunächst als „Zerplatzen des Urankerns“ bezeichnet. Meitner und Frisch stellen daraufhin die Hypothese auf, dass es sich beim Zerplatzen im engeren Sinne um die „Spaltung“ des Urankerns handele und prägen hiermit den Begriff der Kernspaltung; später werden sie ihre These auch experimentell beweisen können. Diese Ausführungen und Belege wiederum sind grundlegend für Otto Hahns weitere Auseinandersetzung mit der Materie, die Meitner aufgrund ihrer politischen Verfolgung nicht in dem Maße fortsetzen kann wie er.

Für die Entdeckung und den radiochemischen Nachweis der Kernspaltung wird Otto Hahn 1945 der Nobelpreis für Chemie für das Jahr 1944 verliehen. Lise Meitner und Otto Robert Frisch werden dabei nicht berücksichtigt, was in Anbetracht ihres theoretischen Beitrags zu Hahns Entdeckung bis heute kritisiert wird. Meitner äußert sich öffentlich zwar verständnisvoll über die alleinige Vergabe des Preises an Hahn, doch ihr fehlender Protest spiegelt auch die strukturellen Mechanismen wider, die Frauen in der Wissenschaft lange daran hindern, für ihre Leistungen die gebührende Anerkennung zu erhalten. Meitner wird immer wieder als „Mitarbeiterin“ Hahns bezeichnet, was sie empört.

In der Nachkriegszeit erhält Lise Meitner zahlreiche Ehrungen in aller Welt, in besonderer Weise in der Bundesrepublik Deutschland; so z. B. 1955 den ersten „Otto-Hahn-Preis für Chemie und Physik“, und 1957 die Friedensklasse des Ordens Pour-le-Mérite, die höchste deutsche Auszeichnung überhaupt. Für beide Ehrungen wird sie von Otto Hahn vorgeschlagen. 1959 wird in Berlin, in Anwesenheit beider Namensgeber, das „Hahn-Meitner-Institut für Kernforschung“ (HMI) offiziell eingeweiht.

1960 siedelt Lise Meitner zu Otto Robert Frisch nach Cambridge, wo sie die letzten acht Jahre ihres Lebens verbringt. Bis zu ihrem Tod mit 89 Jahren setzt sie sich für eine friedliche Nutzung der Kernspaltung ein. 

Lise Meitner stirbt am 27. Oktober 1968, im selben Jahr wie Otto Hahn.

Anlaufstellen

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