Fachbereich Informatik

Forschungsteam untersucht Veränderung von Bewegungswahrnehmung im Weltraum

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Donnerstag, 11. April 2024

Dr. Nils Bury vom Institut für Visual Computing (IVC) hat gemeinsam mit Forschenden der York Universität unter Leitung von Prof. Dr. Laurence Harries, der kanadischen Weltraumbehörde und der NASA untersucht, ob sich die Mikrogravitation des Weltraums auf die Wahrnehmung der Eigenbewegung des Menschen auswirkt. Die erste von drei Studien zum Thema wurde nun veröffentlicht.

In der Studie The effects of long-term exposure to microgravity and body orientation relative to gravity on perceived traveled distance (Die Auswirkungen einer Langzeitexposition in der Mikrogravitation und der Körperorientierung relativ zur Schwerkraft auf die wahrgenommene zurückgelegte Entfernung) untersuchten die Forschenden, ob die multisensorische Verarbeitung von visuellen und vestibulären Signalen, d.h. Signalen die mit dem Gleichgewichtssinn zusammenhängen, eine Rolle spielt. 

Die ISS umkreist die Erde mit einer hohen Geschwindigkeit von 28.000 Kilometern pro Stunde (https://www.dlr.de/schoollab/desktopdefault.aspx/tabid-17420/). Dadurch befinden sich die Raumstation und die Menschen in ihr kontinuierlich im freien Fall, weshalb man von „Schwerelosigkeit“ spricht. Dieser Zustand kann Menschen das Gefühl vermitteln, sich schneller fortzubewegen. Das Forscherteam stellte sich die Frage, ob Menschen sich an diese Art der Wahrnehmung der Eigenbewegung anpassen können und ob ihr Gefühl für die zurückgelegte Entfernung weitgehend intakt bleibt.

Die Wahrnehmung der Eigenbewegung ist ein multisensorischer Prozess, der visuelle, vestibuläre und andere Hinweise umfasst. Wenn die Wahrnehmung der Eigenbewegung nur durch visuelle Bewegungen ausgelöst wird, zeigen vestibuläre Signale an, dass der Körper stationär bleibt, was die Wahrnehmung des Beobachters verzerren kann. Wenn die Präzision der vestibulären Hinweise verringert wird, z. B. durch Hinlegen oder Anpassung an die Schwerelosigkeit, können diese Verzerrungen abnehmen, was mit einer Verringerung der Präzision einhergeht. 

Nils Bury Jenkin Yorck University Projekt SMUG Parabelflug
Parabelflug November 2023 Projekt SMUG. In der Mitte ein Proband und eine Probandin, Nils Bury von der H-BRS (li.) und Prof. Michael Jenkin von der York University. Foto: privat

Versuchsaufbau

Mittels einer Zielbewegungsaufgabe in der Virtuellen Realität (VR) testeten die Wissenschaftler die Hypothese an je sechs Astronautinnen und Astronauten.

Diesen und der Kontrollgruppe auf der Erde wurde ein Ziel in einer Reihe von simulierten Entfernungen gezeigt. Nachdem das Ziel verschwunden war, wurde durch optischen Fluss eine vorwärtsgerichtete Eigenbewegung simuliert. Die Teilnehmenden gaben an, wann sie glaubten, den zuvor gesehenen Ort des Ziels erreicht zu haben.

Durchführung

Die Astronautinnen und Astronauten absolvierten die Aufgabe auf der Erde (in Rückenlage und aufrecht sitzend) vor der Raumfahrt, während der ersten Tage nach ihrer Ankunft in der Raumstation sowie erneut nach einigen Monaten in Schwerelosigkeit, einige Tage nach ihrer Landung zurück auf der Erde und einige Monate nach ihrer Rückkehr. Die Kontrollpersonen führten das Experiment auf der Erde unter ähnlichen Bedingungen durch, wobei eine liegende Haltung eingenommen wurde, um den Aufenthalt im Weltraum zu simulieren.

Ergebnis

Während die Variabilität unter allen Bedingungen ähnlich war, führte die Rückenlage bei den Astronautinnen und Astronauten vor dem Flug und in der Messung direkt nach ihrer Rückkehr zu signifikant höheren Zuwächsen (Zielentfernung/empfundene Reisedistanz) als die sitzende Haltung.
Es wurde kein Unterschied zwischen den Leistungen der Astronautinnen und Astronauten auf der Erde und an Bord der ISS festgestellt, was darauf hindeutet, dass die Beurteilung der zurückgelegten Entfernung durch die Langzeitexposition in der ISS weitgehend unbeeinflusst blieb. Darüber hinaus stellten die Forschenden keine Unterschiede zwischen den weiblichen und männlichen Teilnehmenden fest.

Die aktuelle Studie ist die erste von drei Studien, die zum Thema veröffentlicht wurde. Bury unterstützt das Forschungsteam (Björn Jörges, Meaghan Mc Manus, Ambika Bansal, Robert S. Allison, Michael Jenkin, Laurence R. Harris) auch weiterhin. Ziel der Forschenden bleibt, dass die Ergebnisse Einblicke in die Komplexität der Wahrnehmung  bieten, was u.a. zu Auswirkungen auf die Planung zukünftiger Raumfahrtmissionen haben könnte.

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Nils Bury

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Rainer Herpers

Wissenschaftlicher Direktor des Graduierteninstituts, Direktor des Institute of Visual Computing, Professor im Fachbereich Informatik

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