30 Jahre Hochschule Bonn-Rhein-Sieg
Ausstellung Visionäre Forscherinnen: Katalin Karikó
Biografie Katalin Karikó (1955)
Dr. Katalin Karikó, geboren am 17. Januar 1955 in Szolnok (Ungarn) ist eine ungarisch-US-amerikanische Biochemikerin, deren bahnbrechende Forschung zur mRNA-Technologie die Grundlage für die Entwicklung von COVID-19-Impfstoffen bildete und damit Millionen von Menschenleben rettete.
Geboren am 17. Januar 1955 in Szolnok, Ungarn, wuchs Karikó in der Kleinstadt Kisújszállás in bescheidenen Verhältnissen auf. Sie war die Tochter eines Metzgers und einer Buchhalterin und entwickelte schon früh ein Interesse an der Natur und der Biologie. Nach dem Abschluss des Gymnasiums begann sie 1973 ein Biologiestudium an der Universität Szeged, das sie 1978 erfolgreich abschloss. An derselben Universität erwarb sie 1982 ihren Doktortitel in Biochemie. Bereits während ihrer Studienzeit arbeitete sie an der Synthese von RNA, was den Grundstein für ihre spätere Forschung legte.
Nach ihrem Doktortitel setzte Karikó ihre Postdoc-Forschung am Institut für Biochemie des Biologischen Forschungszentrums der Ungarischen Akademie der Wissenschaften fort. Im Jahr 1985 verlor ihr Labor jedoch die Finanzierung, was sie dazu veranlasste, Ungarn mit ihrem Mann und ihrer zweijährigen Tochter in Richtung USA zu verlassen. Bei der Einwanderung schmuggelten sie 900 britische Pfund in einem Teddybären, Geld, das sie durch den Verkauf ihres Autos und den Kauf von britischen Pfund auf dem Schwarzmarkt erhalten hatten. Karikó erhielt eine Anstellung an der Temple University in Philadelphia, wo sie drei Jahre lang arbeitete, bevor sie an die University of Health Science in Bethesda wechselte. Ab 1989 war sie an der Medizinischen Fakultät der University of Pennsylvania tätig. Dort traf sie 1998 den Immunologen Drew Weissman, mit dem sie an der Entwicklung von mRNA-basierten Medikamenten forschte.
Karikó und Weissman entdeckten, wie durch Nukleosid-Modifikation die Immunogenität von RNA unterdrückt werden kann. Diese Entdeckung war entscheidend für die therapeutische Nutzung von mRNA und bildete die Grundlage für die Entwicklung von mRNA-basierten Impfstoffen, insbesondere gegen COVID-19. Das große therapeutische Potenzial von mRNA liegt darin, dass sie als Botenmolekül fungiert, das genetische Informationen von der DNA zu den Ribosomen transportiert, wo Proteine synthetisiert werden. Durch die Einführung von modifizierter mRNA in den Körper kann dieser dazu angeregt werden, spezifische Proteine zu produzieren, die dann eine Immunantwort auslösen oder therapeutische Effekte erzielen können. Diese Technologie eröffnet neue Möglichkeiten in der Impfstoffentwicklung und der Behandlung von Krankheiten, da sie eine schnelle und flexible Reaktion auf neu auftretende Pathogene ermöglicht.
Trotz ihrer bedeutenden Beiträge erhielt Karikó in den frühen Jahren ihrer Karriere nur begrenzte finanzielle Unterstützung und wurde von der Universität Pennsylvania nicht als wertvoll angesehen. Ihre Position als Assistant Professor wurde nicht verlängert, und sie wurde auf eine befristete Postdoc-Stelle zurückgestuft. Trotz dieser Rückschläge blieb Karikó der RNA-Forschung treu. Sie gelang es, virale RNA-Moleküle so zu modifizieren, dass die Immunabwehr menschlicher Zellen sie nicht mehr zerstörte. Diese Ergebnisse wurden in hochrangigen Fachzeitschriften veröffentlicht und führten zu einem Patent, das später von der Universität verkauft wurde. 2013 wurde Karikó von der University of Pennsylvania entlassen, was zunächst wie das Ende ihrer wissenschaftlichen Karriere erschien.
Nach ihrer Entlassung erhielt Karikó ein Angebot von den Gründern der deutschen Firma BioNTech, Özlem Türeci und Uğur Şahin. Seit 2013 war sie Senior Vice President bei BioNTech, wo sie entscheidende Beiträge zur Entwicklung der COVID-19-Impfstoffe leistete. Ihre Arbeit führte dazu, dass mRNA-Technologien nicht nur für Impfstoffe, sondern auch für therapeutische Anwendungen in der Krebsmedizin und anderen Bereichen genutzt werden können. Dafür wurden sie und Drew Weissman schließlich 2023 mit dem Nobelpreis für Physiologie oder Medizin ausgezeichnet. Geehrt wurden sie für ihre Entdeckungen zu Nukleosidbasenmodifikationen, die die Entwicklung wirksamer mRNA-Impfstoffe gegen COVID-19 ermöglichten. Karikó kündigte an, ihr Preisgeld in Höhe von rund einer halben Million Euro ihrer Alma Mater, der Universität Szeged, zu spenden.
Karikó ist mit dem Ingenieur Béla Francia verheiratet und ihre Tochter, Susan Francia, ist zweifache Olympiasiegerin und war mehrfache Weltmeisterin im Rudern. Karikó betont, wie wichtig es ist, eine Balance zwischen Karriere und Familie zu finden: „Frauen sollten eine Karriere und eine glückliche Familie haben.“ Sie ist der Überzeugung, dass die Verantwortung für die Kindererziehung nicht allein bei den Frauen liegen sollte. In Interviews betonte sie, wie wichtig eine verlässliche Kinderbetreuung war – sowohl in Ungarn als auch in den USA. Den Satz „Ich opfere mein Leben für meine Kinder“ habe sie oft gehört, halte ihn aber für falsch: „Man sollte nicht seine Kinder benutzen, um seine Karriere zu beenden. Sie sind genauso die Verantwortung des Ehemanns.“ Ihr Rat an Frauen: einen Partner wählen, der das anerkennt.
Mit dieser Haltung gelang es Karikó, in verschiedenen Lebensbereichen Außergewöhnliches zu leisten – und mit ihrer Forschung einen entscheidenden Beitrag zur Bewältigung einer der größten Krisen des 21. Jahrhunderts zu leisten.
Anlaufstellen
Zentrum für Wissenschafts- und Technologietransfer (ZWT)
Campus
Sankt Augustin
Raum
F 405