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Kommunikation und Marketing

Johannes Steinhaus, Werkstofftechnik

Von der Hochschule in die Industrie - und für die Promotion wieder zurück zur Hochschule: Johannes Steinhaus Forscher-Leidenschaft gilt den Polymeren Materialien; in seiner Promotion forschte er über Zahnfüllungen aus Kunststoff. Nebenher ist er Kickboxer – gibt es da womöglich einen Zusammenhang?
Portrait Johannes Steinhaus (DE)

Update: Johannes Steinhaus wurde am 1. Oktober 2020 zum Professor am Fachbereich Angewandte Naturwissenschaften berufen.

Eigentlich stellt man sich Forscher ja eher als in die Jahre gekommene, mehr oder weniger gut gekleidete Persönlichkeiten vor, die sich gerne mal in Fachjargon und Details verlieren. Dass es auch anders geht, beweist ein Alumnus der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Fast lässig kommt er daher, wenn man ihn auf der Straße trifft – Jeans, das Hemd nicht ganz zugeknöpft, ein entspannter Gang und ein aufgeschlossenes, freundliches Grinsen im Gesicht, in dem ein neckisches Unterlippenbärtchen auffällt. Nie würde man auf den Gedanken kommen, gerade einen Forscher vor sich zu haben. Johannes Steinhaus wirkt ausgeglichen, ja fast schon unbekümmert.

Tatsächlich aber forscht Steinhaus in einem Nebengebäude der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg in Rheinbach an lichthärtenden, auf Kunststoff basierenden Zahnfüllungen. Den Grundstein hierfür legte er durch sein Studium der Werkstofftechnik an der H-BRS. „Angefangen hat alles mit meinem Diplomthema. Schon damals habe ich in diesem Bereich geforscht“, erzählt Steinhaus. Gesten sind beim Reden nicht seine Sache. Fast hat man den Eindruck, er hat sie einfach nicht nötig. Mit präzisen und verständlichen Formulierungen schafft er es auch so, Laien die Grundzüge seiner Arbeit verständlich zu machen. Nach seinem Diplom ging Steinhaus hinaus in die Wirtschaft, und so sah es zunächst danach aus, als würde er die Forschung an den Nagel hängen. „Ich habe ein paar Jahre in Dortmund und Bonn als Vertriebsingenieur gearbeitet.“ Allerdings zog es ihn nur drei Jahre später wieder zurück zu seinen Wurzeln an die H-BRS.

tree_treffen_geilen_reith_asteroth_steinhaus_sta_20160218_foto_s._flessing_teasercut.jpg (DE)

Über die Jahre hatte Steinhaus stets Kontakt zu seiner alten Hochschule gehalten, das angenehme Arbeitsumfeld mit guter Ausstattung und freundlicher Atmosphäre lockte ihn zurück. „Die Arbeit als Vertriebsingenieur hat mir zwar viel Spaß gemacht. Allerdings war sie mir mit der Zeit einfach zu kaufmännisch, auch der Bezug zu Kunststoff ist immer mehr in den Hintergrund gerückt“, erklärt Steinhaus. „In der Industrie sind innerhalb kürzester Zeit Lösungen gefragt. Ich brauche aber ab und an meine Zeit, um die beste Lösung für ein Problem zu finden – in der Forschung habe ich diese Zeit.“

ced-iadr-tagung_vortrag_dr._steinhaus_201510_foto_t._haenel.jpg (DE)

Wie aufs Stichwort bot sich dann die Chance, an seiner alten Hochschule in Rheinbach in der Forschung zu arbeiten. 250.000 Euro Forschungsgeld über vier Jahre standen bereit für die Erforschung von Duroplasten. Duroplaste? „Das sind schlicht härtbare Kunststoffe“, verrät Steinhaus mit einem Zwinkern. „Die werden heute überall verwendet: in Flugzeugen, Autos, Schutzhelmen – und eben in Zahnfüllungen. Inzwischen machen wir an der H-BRS auch Auftragsforschung für die Industrie. Die Einkünfte aus diesem Sektor reichen sogar aus, um zwei zusätzliche Mitarbeiter zu bezahlen.“

Neben der Forschung und seiner Arbeit als Geschäftsführer des Forschungsinstituts TREE, dem Hochschul-Institut für Technik, Ressourcenschonung und Energieeffizienz, kümmert sich Steinhaus auch um den Nachwuchs. Im vierten und fünften Semester hält er Vorlesungen zum Thema „Thermische Analysenmethoden von Kunststoffen“ und betreut Übungen sowie Praktika im Bereich „Polymere und Verbunde“. Auf die Frage, welche Arbeit –  im Forschungslabor oder im Hörsaal – ihm mehr zusagt, muss Steinhaus lange überlegen – er scheint hin- und hergerissen. „Das ist wirklich 50:50. Die Forschung ist toll, weil man Geheimnisse lüften kann.“ Diese Forschungsergebnisse dann zu publizieren und positives Feedback von angesehenen Wissenschaftlern zu bekommen, sei dann der Lohn der harten Arbeit. Aber die Aufgabe als Lehrbeauftragter sei auch sehr erfüllend: „Es ist ein bisschen wie Kindern das Laufen beizubringen.“ Außerdem trage er als Lehrbeauftragter eine hohe Verantwortung für die Zukunft der Studierenden: „Ich präge bis zu einem gewissen Grad ihr Leben. Wenn ich es gut mache, tue ich ihnen einen großen Gefallen damit.“

Achtet man auf das Glänzen in Steinhaus' Augen, wenn er über seine Erfahrungen mit den Studierenden spricht, bekommt man den Eindruck, dass ihn vielleicht doch die Lehrtätigkeit besonders begeistert: „Die Leistungsfähigkeit manch junger Studenten beeindruckt mich immer wieder“, schwärmt er. „Ehe man sich versieht, kommen sie auf Augenhöhe und gehen als selbstsichere, gebildete Persönlichkeiten hinaus in die Industrie. Das macht mich dann wirklich sehr stolz.“ Wie bei eigenen Kindern eben.

Einen Ausgleich von der Arbeit holt sich der Dentalforscher passenderweise beim Kickboxen. Und? Hat er schon mal jemandem einen Zahn ausgeschlagen und sorgt so für den Erhalt seiner Zunft? „Nein“, lacht Steinhaus. „Ich mache das wirklich nur zum körperlichen Ausgleich – bestreite noch nicht einmal Wettkämpfe.“ Immerhin aber ist aus diesem ursprünglichen Zeitvertreib mit Freunden ein über 100 Mitglieder zählender Verein geworden, bei dessen Gründung er maßgeblich mitgewirkt hat. Auch hier erweitert Steinhaus also den Kreis, an den ein gewisses Know-How weitergegeben wird.

Text: Maximilian Dittler

Maximilian Dittler studiert Technikjournalismus an der H-BRS. Er schrieb dieses Porträt im Rahmen eines Alumni-Projekts im Studiengang Technikjournalismus im Wintersemester 2015/2016.