Internationales Zentrum für Nachhaltige Entwicklung (IZNE)

Interview mit Science Slam Gewinner Philipp Swoboda

Mittwoch, 10. Februar 2021

Das "Global Forum for Food and Agriculture" (GFFA) vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) stand dieses Jahr 2021 unter dem Motto "Pandemien und Klimawandel: Wie ernähren wir die Welt?". Auf dem Programm stand auch ein "Think aloud!"-Science Slam, mit vier zehnminütigen Kurzpräsentationen.

Am Ende entschied sich das internationale Publikum des digitalen Forums in einer Abstimmung für Philipp Swoboda, Mitarbeiter des Internationalen Zentrums für nachhaltige Entwicklung (IZNE), welcher mit dem Titel: "Steine für Nutzpflanzen und Klima?" die BMEL-Trophäe 2021 gewann. Glückwunsch! Im Anschluss an die Preisverleihung hatte das Publikum die Möglichkeit, in sogenannten "Deep Dives", separaten virtuellen Räumen, mit den Slam-Teilnehmerinnen - und Teilnehmern ins Gespräch zu kommen.

 

Im Interview gibt Philipp uns einen Blick hinter die Kulissen. Wir erfahren, was ihn für die Teilnahme am Science Slam qualifizierte und warum ihn gerade dieses Thema so am Herzen liegt.

Philipp Swoboda Mitarbeiter IZNE (DE)

IZNE: Philipp, erst einmal herzlichen Glückwunsch zum gewonnenen Science Slam. Wie kommt man dazu, bei einem Science Slam des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft mitzumachen?

Philipp Swoboda: Danke! Von dem Science Slam habe ich durch einen E-Mail Verteiler mit dem Betreff: „Science Slam - policy maker event“ mitbekommen. Da ich schon Vorerfahrung von zwei anderen Science Slams hatte, dachte ich mir: Warum nicht nochmal versuchen? – Also bewarb ich mich und schrieb eine Mail, wo ich mein Thema vorstellte.

 

IZNE: Nun lief der Science Slam ja nicht vor klassischem Publikum ab, sondern jeder saß zuhause vor seinem eigenen Laptop in seinen eigenen vier Wänden. Wie war der Ablauf und warst du aufgeregt?

Swoboda: Ich war auf jeden Fall nervös, das kann man trotz bester Vorbereitung glaube ich schwer vermeiden. (Lacht) Ich war der letzte Redner, was zum einen gut war, denn ich sah, wie die anderen das so vor mir machten, zum anderen auch schlecht, weil ich alle total gut fand und meine Aufregung bis zum Ende konstant war. Es war ein gegensätzliches Gefühl, dass der Science Slam online war: Zum einen sitzt man in einem sicheren Umfeld, was es entspannter macht. Zum anderen redet man jedoch ins Leere und wird dadurch irgendwie mechanischer und weniger authentisch.

2021-gffa-science_slam.png (DE)

IZNE: Wie hast du dich auf den Slam vorbereitet?

Swoboda: Ich hatte im Gegensatz zu den anderen Slammern ja schon Erfahrung, was hierbei echt hilfreich ist, da man sich gar nicht vorstellen kann, wie sehr man die Komplexität der Materie runterschrauben muss und den Entertaining-Faktor (so furchtbar ich dieses Wort auch finde) raufschrauben muss. Als ich den Slam fast fertig hatte und glaubte er war super genial, habe ich vor ein paar Freunden Probe-vorgetragen, und diese sagten mir durch die Blume, ich sollte ihn auf jeden Fall noch simpler und verständlicher machen. Tja, wie man so schön sagt: "Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler". Der Feinschliff war dann weitestgehend Inhalt raus und den Fluss zwischen den Folien rauf.

 

IZNE: Nun ist dein Thema beim Science Slam nicht irgendeins, denn du beschäftigst dich auch in deiner Doktorarbeit damit: "Steine für Nutzpflanzen und Klima?". Wo stehst du im Moment?

Swoboda: Ich forsche nun seit 3 1/2 Jahren im Forschungsprojekt 'One Health - Metropolregionen ganzheitlich begreifen' und bin mehr oder weniger auf der Zielgeraden, obwohl man das wie bei Corona nie so genau sagen kann (lacht). Ich bin derzeit dabei, die verschiedenen Kapitel fertig zu schreiben.

 

Doktorand Philipp Swoboda im Kuhstall (DE)

IZNE: Was macht Dir an der Arbeit besonders Spaß?

Swoboda: Zum einen ist es ein unfassbarer Luxus, sich mit einem Thema auseinander setzen zu dürfen, das einen interessiert und gleichzeitig relevant ist. Das Thema Gesteinsmehle in der Landwirtschaft ist derzeit noch ein totales Nieschenthema, auch weil es irgendwo zwischen Geologie, Bodenkunde und Agrarwissenschaften ist, und die einzelnen Disziplinen oft (zu) abgegrenzte Spektren beziehungsweise Spezialisierungen haben. Ich finde es daher super spannend, etwas über Gesteine, Böden, Pflanzenernährung und Landwirtschaft generell zu lernen. Der Austausch mit Landwirten und (Gesteinsmehl-)Händlern war sehr bereichernd, da sich die "Elfenbeinturm"-Perspektive der reinen Wissenschaft ziemlich schnell gezeigt hat. Phasenweise war es auch schwierig, da ich unter Bauern öfter auf eine (zum Teil berechtigte) Wissenschaftsverdrossenheit gestoßen bin. Aber da muss man durch.

 

IZNE: Gab es auch schlechte Zeiten?

Swoboda: Ja klar. Man ordnet der Doktorarbeit einfach sehr viel unter und hat wenig Distanz zur Arbeit. Es ist wie sein eigenes Baby und manchmal auch paralysierend. Außerdem  muss man sein eigener Chef, Motivator, Organisator und Seelsorger gleichzeitig sein (lacht).

 

IZNE: Wie konntest du dich in diesen Zeiten ermuntern, weiter zu machen?

Swoboda: Ganz klar durch Alkohol. (Lacht) Nein, Spaß. Zum einen durch eine Art emotionaler Entkoppelung: ich hab mir gesagt 'Das Thema ist einfach wichtig und relevant, egal ob ich mich jetzt gerade gut oder schlecht fühle'. Also auf eine Art Rückbesinnung auf die Wichtigkeit der Arbeit.  Zum anderen dadurch - so klischeehaft es klingt - halbwegs gesund zu leben und das Soziale nicht komplett untergehen zu lassen.

Doktorand Philipp Swoboda (DE)

IZNE: Warum findest du, wird gerade dieses Thema so unterschätzt?

Swoboda: Es wurde unterschätzt, weil man aufgrund von theoretischen Laborwerten davon ausging, dass Gesteine sich zu langsam auflösen und sich da eh nicht viel tut. Das stimmt zum Teil, und zum Teil eben nicht. Die Forschung war lange Zeit nicht differenziert genug, denn die Wirkung ist stark von Gestein, Boden und anderen Faktoren abhängig. Hinzukommt, dass Gesteinsmehle beziehungsweise "Agro-geologie" ein Schnittfeld darstellen, dass weder ganz in die Geologie, noch in die Bodenkunde, noch in die Pflanzenernährung passt, und deswegen bis dato auch so selten untersucht. Mit meiner Forschung möchte ich dazu beitragen, das zu ändern.

 

IZNE: Wie fühlt es sich an, Doktorand zu sein?

Swoboda: Für mich fühlt es sich nach wie vor toll an, die Freiheit und das Interesse an der Arbeit stehen da wie gesagt ganz vorne. Man ist vom Lebensstil zwar nach wie vor mit einem Fuß im Studentenleben, aber das war für mich oft eher ein Pro als ein Kontra.

 

IZNE: Was bedeutet Wissenschaft für dich?

Swoboda: Die Natur ein wenig besser verstehen zu lernen, und meinen eigenen Teil zu diesem Baum des Wissens beizutragen. Und mir auch immer wieder meiner eigenen emotionalen Vorurteile und Projektionen bewusst zu werden.

 

IZNE: Weißt du schon, was du nach deiner Doktorarbeit machen möchtest?

Swoboda: Ich bin mir noch nicht ganz sicher, aber ich möchte auf jeden Fall an dem Thema Gesteinsmehle dranbleiben, da es da noch einiges rauszuholen gibt. Ich wollte eigentlich im März nach Brasilien, wo das Thema Gesteinsmehle gerade boomt, um dadurch auch potentielle zukünftige Forschung zu besprechen, aber Corona verhindert das leider. Wie dem auch sei, ich bleibe optimistisch, da derzeit vieles dafürspricht, dass das Thema zukünftig noch wichtiger werden wird.

 

IZNE: Philipp, für deine Zukunft wünschen wir Dir nur das Beste und ganz viel Erfolg auf deinem Weg!

 

Das Interview führte Marle Thormählen.